Zum Autor: Gerold Koller

Ich wurde 1948 geboren und wuchs mit zwei Geschwistern im Kanton Obwalden auf. Die Eltern führten ein Landesprodukte-Geschäft und bewirtschafteten einen Bauernhof. Nach einer Episode als Schriftsetzerlehrling besuchte ich in Sursee (wohin wir inzwischen umgezogen waren) und später in Luzern das Gymnasium. Danach studierte ich an der Universität Zürich Germanistik und Geschichte. Das Berufsleben verbrachte ich zur Hauptsache als Deutschlehrer an einer Zürcher Kantonsschule.

In einem der Projekte mit Gymnasialklassen dokumentierten alle SchülerInnen einer Klasse das Leben eines betagten Menschen. Aus den 24 Geschichten entstand das Buch «Als wär’s gestern gewesen» und eine von Schülerinnen gestaltete Radiosendung. In der Folge begann ich mich intensiver mit Oral History zu befassen. Weil wir seit Jahren einen Teil der Ferien in Binn (VS) verbringen und mit den Talbewohnern vertraut sind, begann ich die Geschichte des Binntals u.a. über die Lebensgeschichten älterer EinwohnerInnen zu dokumentieren. Daraus wurde ein Buch über die besonders ihrer Mineralien wegen bekannte Berggemeinde im Landschaftspark. Unter dem Titel «Das Binntal. Exkursionen durch die Zeit» kam es 2014 im Verlag hier + jetzt heraus. Es ist nach wie vor im Buchhandel erhältlich.

Bei den Recherchen lernte ich auch den in Binn wohnenden Ethnologen Klaus Anderegg kennen. Er machte mich bekannt mit seinen Studien zur Walliser Auswanderung ab der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Anderegg hatte schon vieles von seinen Forschungsergebnissen in Büchern, Sammelwerken und in Radiobeiträgen veröffentlicht. Von der grossen Fülle der von ihm zusammengetragenen Dokumente, v.a. der Briefe, lag aber einiges erst in Kurrentschrift vor. Die in den Texten verborgenen spannenden Geschichten faszinierten mich, so dass ich mitzuhelfen begann, die Briefe zu transkribieren und Inhaltsangaben sowie Kommentare zu schreiben. Die Ergebnisse wurden dem Sittener Staatsarchiv übergeben, wo sie fortan der Forschung zur Verfügung stehen. Ausserdem bestand die Absicht, weitere Auswanderergeschichten zusammen mit Originaldokumenten in Buchform zu veröffentlichen. Aus verschiedenen Gründen verfolgten wir das Projekt aber schliesslich nicht weiter. Weil ich inzwischen ebenfalls über eine Fülle von Briefen und Aufzeichnungen verfüge – z.B. solche, die man uns bei einem Besuch des von Wallisern gegründeten argentinischen Dorfes San Jerónimo Norte mitgab – entschloss ich mich, einzelne der besonders spannenden Geschichten online zu stellen und sie so einer interessierten Leserschaft zugänglich zu machen. Sie sind nicht nur von historischem Interesse. Vieles liest sich ebenso spannend wie berührend, handeln die Texte doch von persönlichen und familiären Schicksalen. Einem Grossteil der Emigranten gelang der Neuanfang in Argentinien oder in «Amerika», andere brachten es aber auch dort auf keinen grünen Zweig, einzelne fanden gar ein tragisches Ende. – Die Geschichten zeigen, welche Strapazen die Auswanderer auf sich nahmen und wie unerbittlich die Umstände sein konnten.

Die folgenden Links führen zu Leseproben. – Der erste zu einem der zahlreichen Briefe von Josefine Imhof aus San Jerónimo Norte. Sie schreibt an den Pfarrer von Grengiols, der die ehemaligen Walliser und Walliserinnen immer wieder nötigte, für seinen überdimensionierten Kirchenbau (mit entsprechenden Glocken!) Geld zu spenden. Nicht dass die Kolonisten sich weigerten, im Gegenteil. Die couragierte und rhetorisch gewandte Schreiberin zeigt dem Pfarrer jedoch auf, wie sehr er seine Autorität als kirchlicher Amtsträger missbraucht, um das in der Kolonie Ersparte in seinen ambitionierten Sakralbau fliessen zu lassen.

Der zweite Link führt zum Kapitel «Hochzeit» aus der Geschichte des Auswanderer-Ehepaars Theler-Salzgeber. Weil mir die «Lebenserinnerungen» des Joh. Chr. Theler (von Ausserberg) vorliegen, setzt die hier erzählte Geschichte schon im Kinder- und Jugendalter des späteren Auswanderers ein. Das ausgewählte Kapitel zeigt, mit welcher Energie seine Eltern die Verbindung zu seiner geliebten «Marjosi» zu verhindern suchten - und wie die jungen Leute es endlich doch zum Traualtar schafften. – Die Geschichte der später 15-köpfigen Familie ist auch darum aussergewöhnlich, weil darin zwei Aus- und zwei Rückwanderungen erzählt werden. (Da wir seit dem Frühjahr 2022 Kontakt haben zu einer der zwei noch lebenden Enkelinnen – sie leben beide in Buenos Aires –, kann ich nun die Geschichte eines Zweigs der Theler-Nachkommen bis in die Jetztzeit nachzeichnen. Auch diese jüngste Geschichte lässt bezüglich Dramatik nichts zu wünschen übrig.)

Die dritte Leseprobe schliesslich gehört zu einer Episode im Leben des nach Oregon und Kalifornien ausgewanderten Josef Thenen aus dem Oberwalliser Dorf Münster. Thenen arbeitete zuerst als Holzfäller in den Redwood-Wäldern und war dann als Farmer erfolgreich. Aber er konnte sein Vorankommen kaum geniessen, denn er suchte verzweifelt nach einer Lebensgefährtin. Endlich schien sein Wunsch dann doch in Erfüllung zu gehen.

Allen Leserinnen und Lesern wünsche ich eine fesselnde Lektüre.

Über die erwähnte Argentinienreise gibt es einen Blog unter: vueltaargentina.blogspot.com

Danksagung

Ich danke Klaus Anderegg, der mich nicht nur mit dem Thema vertraut gemacht, sondern mir auch zahllose Dokumente, v.a. Briefe, anvertraut hat. Viele seiner grundlegenden historischen Erkenntnisse konnte ich für die Einführungskapitel verwenden.

Mein spezieller Dank gehört meiner Frau Margrit und unserem Sohn Zeno. Margrit hat mir beim Transkribieren besonders schwieriger Stellen oftmals weitergeholfen, und als kritische Erstleserin regelmässig Vorschläge gemacht, aber auch fehlerhafte Formulierungen entdeckt. Und ohne Zeno Koller gäbe es diese Website nicht. Er hat alles eingerichtet, Texte und Bilder gelayoutet. Und er bringt immer wieder die Geduld auf, wenn ich ihn um die eine und andere Korrektur oder Änderung bitte!

Marcel Brücker, dem langjährigen Freund, danke ich, dass er uns den passenden Domainnamen gesichert hat.

Schliesslich danke ich auch allen nicht namentlich aufgeführten Personen, die in verschiedener Weise zu diesem Projekt beigetragen haben. Ein Dankeschön auch an Michel Theler, den Urenkel des Auswanderer-Ehepaars Theler-Salzgeber. Er hat uns im Frühjahr 2022 den Kontakt zur Cousine seines Vaters vermittelt, zu Gisela Macieczyk-Theler in Buenos Aires. Ihr gebührt besonderer Dank, hat sie mir doch nicht nur eine Fülle von Originalfotos überlassen, sondern via Skype wertvolle Informationen vermittelt. Diese sowie ihre eigene Lebensgeschichte «Memoria viva» ermöglichen es, nächstens die am umfassendsten dokumentierte Auswanderergeschichte bis in die Gegenwart fortzuerzählen. Die Kommunikation mit ihr ist für mich und meine Frau eine Freude!

Merenschwand, im April 2022

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